Nachhaltige ETFs: der komplette Guide

Nachhaltige ETFs werden immer beliebter. Na klar, der Trend zu einer grüneren Lebensweise macht auch vor der Finanzbranche keinen Halt. So steigt seit Jahren der Wunsch und gleichzeitig auch das Angebot an nachhaltigen Investitionsmöglichkeiten.  Natürlich könnt ihr schon länger einfach in Aktien investieren, dessen ethische und sozialen Werte auch euren entsprechen. Aber möchtet ihr Beispielsweise in einen Korb mit Aktien investieren, gab es bis für kurzem keine große grüne ETF-Auswahl. In diesem Artikel erfährst du alles, was du über das nachhaltige Investieren in ETFs wissen musst.




Nachhaltige ETFs: ESG-Kriterien

Was sind nachhaltige ETFs?

Fangen wir erst einmal vorne an. Was sind überhaupt nachhaltige ETFs und wie unterscheiden sie sich von klassischen Fonds? Nachhaltige Anlagen orientieren sich an einem Standard, den ESG-Kriterien.


ESG-Kriterien

ESG steht dabei für „Environmental, Social, Governance“ und gibt damit drei Verantwortungsbereiche vor, in denen sich Unternehmen an bestimmte Kriterien halten müssen, um von Indexanbietern als nachhaltig eingestuft zu werden.

Ganz wichtig: Es geht hier um das individuelle Ermessen, welches Verhalten in den verschiedenen Sektoren als nachhaltig eingestuft wird und was nicht. Das ist von Mensch zu Mensch und auch von Indexanbieter zu Indexanbieter unterschiedlich. Deshalb können in zwei ETFs, die ähnliche Indizes abbilden, verschiedene Unternehmen enthalten sein. Daran siehst du, dass jeder seine eigene Liste mit Nachhaltigkeitsmerkmalen hat. Im Umkehrschluss bedeutet das auch, dass es nicht den einen besten nachhaltigen ETF oder Index gibt.

Eine einheitliche Regelung, welchen Filter Indexanbieter bei der Bewertung von Unternehmen einsetzen, fehlt leider. Um dir aber eine Idee zu geben, welche Kriterien üblicherweise angewendet werden, findest du folgend ein paar Beispiele (nach Investopedia).

Environmental (Umwelt):

  • Energieverbrauch
  • Umweltverschmutzung
  • Einfluss auf den Klimawandel
  • Abfallproduktion
  • Erhalt natürlicher Ressourcen
  • Tierwohl

Social (Soziales):

  • Menschenrechte
  • Kinder- und Zwangsarbeit
  • Gesundheit und Sicherheit der Mitarbeitenden
  • Beziehung zu den Stakeholdern
  • Umgang mit Mitarbeitenden

Governance (Aufsichts­strukturen/­Unternehmens­führung):

  • Qualität des Managements
  • Unabhängigkeit des Aufsichtsrates
  • Interessenskonflikte
  • Vergütung von Führungskräften (im Verhältnis zum Durchschnittsgehalt)
  • Transparenz
  • Rechte der Aktionäre

Du siehst schon: Die ESG-Kriterien sind schwer zu quantifizieren. Die Bewertung der einzelnen Vorgaben ist daher Auslegungssache. Aus diesem Grund haben die großen Indexanbieter alle ihre eigenen Auswahlrichtlinien, die Unternehmen als nachhaltig einstufen. ESG-ETFs von verschiedenen Anbietern sind deswegen nur schwer miteinander zu vergleichen.

Umso wichtiger ist es also für dich zu schauen, ob die Kriterien, die an die Unternehmen eines nachhaltigen ETFs gestellt wurden, auch mit deinen eigenen Werten übereinstimmen.

Dazu existieren noch die zehn Global Compact Prinzipien der Vereinten Nationen. Auch diese sind kein zertifizierbarer Standard oder als Regulierungsinstrument gedacht. Doch gibt es einige Indizes, die sich an diesen Prinzipien orientieren.

Unterschied SRI und ESG

Neben dem Akronym ESG hört man oft auch die Abkürzung SRI. Doch was bedeutet SRI? SRI steht dabei für „Socially responsible investing“, also sozial verantwortliches Investieren. Der Unterschied zwischen ESG und SRI ist nun folgender: Du möchtest sozial verantwortlich Investieren, dann helfen dir ESG-Kriterien bei der Auswahl passender Geldanlagen. Während SRI also eine Strategie ist, nachhaltiger zu investieren, helfen dir ESG-Kriterien dabei Unternehmen oder Fonds zu finden, die zu deinem Plan passen.

Dabei hat jeder Mensch seine eigenen Einstellungen, was für ihn nachhaltig oder sozial fair ist. Dem einen sind niedrige CO2-Werte wichtig, während andere großen Wert darauf legen, nicht in Atomkraft zu investieren. Generell lässt sich aber sagen, dass in den meisten nachhaltigen ETFs keine Waffen-, Tabak- oder Alkoholhersteller vertreten sind.

In ETF-Namen werden SRI und ESG synonym benutzt, um nachhaltige Anlageformen zu kennzeichnen. Falls du Hilfe brauchst, die anderen Namensbestandteile von ETFs zu entschlüsseln, solltest du unbedingt meinen letzten Artikel lesen!

Mittlerweile unterscheidet man auch noch verschiedene Abstufungen von ESG-ETFs. Während „ESG-Screened“ Fonds nur vorher festgelegten ESG-Kriterien unterliegen, gehen „ESG-Enhanced“ ETFs noch einen Schritt weiter. Letztere erweitern die Kriterien noch um weitere Faktoren, wie beispielsweise die CO2-Reduktion eines Index um 30 %. Entsprechend wird dann der ETF zusammengestellt. Ein ESG-Enhanced-ETF ist in der Regel also noch „grüner“ als ein ESG-Screened-ETF.


Welche nachhaltigen ETFs gibt es?

Mittlerweile gibt es zu fast jedem großen Index eine nachhaltige Schwester. So existiert neben einem ETF, der einen klassischen Index abbildet, meist auch ein grüneres Pendant. Über die wichtigsten Aktienindizes habe ich bereits einen Beitrag geschrieben.

Ein paar Beispiele für klassische Fonds und ihre nachhaltigen Alternativen habe ich euch hier herausgesucht (keine Kaufempfehlungen):

MSCI World

  • iShares MSCI World UCITS ETF
  • iShares MSCI World ESG Screened UCITS ETF USD

MSCI Emerging Markets

  • iShares MSCI EM UCITS ETF
  • iShares MSCI EM IMI ESG Screened UCITS ETF USD

STOXX Europe 600

  • iShares STOXX Europe 600 UCITS ETF
  • SPDR STOXX Europe 600 ESG Screened UCITS ETF

Die hier aufgezeigten, nachhaltigen ETFs enthalten viele Unternehmen mit hohen ESG-Standards in allen Kategorien. Dagegen existieren auch spezialisierte nachhaltige ETFs. So gibt es Index-Fonds, welche nur Unternehmen enthalten, die zu den absolut nachhaltigsten gehören. Auch werden Umwelt-ETFs angeboten, die sich auf Firmen mit besonders niedrigem CO2-Ausstoß konzentrieren. In einem anderen Artikel helfe ich dir bei der Frage: Welchen ETF soll ich denn jetzt kaufen?

Außergewöhnlich finde ich das Angebot von Index-Fonds, die das Investieren mit religiösen Werten verbinden. So bietet iShares einen ethischen ETF an, der sich an den Investmentgrundsätzen des islamischen Rechts orientieren (iShares MSCI World Islamic UCITS ETF). Welche anderen grünen Assetklassen es neben nachhaltigen ETFs gibt, zeigt ich euch in meinem Artikel über das nachhaltige Investieren.

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Wie finde ich nachhaltige ETFs?

Wie oben schon erwähnt, erkennt ihr nachhaltige ETFs an ihrem Namen. Sie haben oft die Kürzel „SRI“, „ESG“ oder „Sustainable“ im Namen. Häufig könnt ihr neben den Kürzeln auch schnell sehen, welche Aktienwerte nicht im Index enthalten sind. Bezeichnungen wie „ex Alcohol, Tobacco, Gambling“ deuten beispielsweise darauf hin, dass hier Alkohol-, Tabak- und Glücksspiel-Unternehmen ausgenommen sind. Eine gute Plattform, um grüne Fonds zu finden, ist justETF. Dort filtert ihr im ETF-Screener unter „Aktienstrategie“ einfach nach „Sozial/Nachhaltig“. Stand heute werden euch so 167 nachhaltige ETFs angezeigt.

Ein weiterer Weg grüne Fonds aufzuspüren, ist über die einzelnen Webseiten der Indexanbieter. Hier findest du übrigens eine Liste von ETF-Anbietern in Deutschland.

Sehr schön macht das MSCI. Unter den ESG Fund Ratings könnt ihr euch für viele ETFs das ESG Rating von MSCI anschauen. Ihr seht also, für wie nachhaltig MSCI einen ETF hält.

Doch einen grünen Fonds bei einer klassischen Bank kaufen? Das passt nicht so richtig zusammen. Deshalb habe ich mir einmal angeschaut, welche ethischen Banken es in Deutschland gibt und wie sie sich gegenüber anderen, klassischen Banken unterscheiden.

Was ist der beste nachhaltige ETF?

Jetzt stellt sich natürlich die Frage: Was ist der beste nachhaltige ETF? Leser meines Blogs wissen, dass ich mich immer um diese Frage drücke. Auch hier ist das „Beste“ wieder nur schwer zu pauschalisieren. Geht es euch darum, ein Investment zu finden, welches eure inneren Werte am ehesten abbildet? Dann ist der beste nachhaltige ETF für euch der, welcher eure Einstellungen zu fairen und sozialen Unternehmen am genausten widerspiegelt. Das ist natürlich von Person zu Person unterschiedlich. Den für euch besten nachhaltigen Index-Fonds findet ihr also nur, indem ihr euch die vielen Fact Sheets einmal genauer durchlest.

Für manch andere ist der beste ETF immer der, der auch am meisten Rendite abwirft. Können nachhaltige ETFs da mit seinen klassischen Pendants mithalten?


Rendite von nachhaltigen ETFs

Schnell denkt man, dass Unternehmen, die sich an nachhaltige Standards halten, viel Geld für ihr grünes und soziales Vorgehen zahlen und dadurch die Performance sinkt.  Doch ist das wirklich so?

Dazu möchte ich noch einmal auf das oben genannte ESG Rating von MSCI verweisen. Denn sie schauen sich auch an, inwiefern negative Umwelteinflüsse, die Unternehmen durch ihr Handeln erzeugen, später zu unerwarteten Kosten führen können. Sprich: Tue Gutes und Dir wird Gutes widerfahren oder halt das Gegenteil.

Daraus lässt sich vermuten, dass nachhaltige Unternehmen zwar eventuell mehr Ausgaben haben, um ökologischer, sozialer und fairer zu arbeiten. Dagegen auf Firmen, die nicht nach den ESG Kriterien handeln, unerwartete Kosten zukommen, die sie selbst zu verantworten haben. Welche Kosten geringer ausfallen und deswegen die Performance weniger beeinflussen, muss sich über die Zeit zeigen.

Nachhaltige ETFs sind noch relativ jung, deswegen lässt sich hier nur die Rendite verschiedener Fonds über die Laufzeit von einem Jahr miteinander vergleichen.

MSCI World

  • iShares MSCI World UCITS ETF Rendite für 2019: 29,78%
  • iShares MSCI World ESG Screened UCITS ETF USD Rendite für 2019: 30,61%

MSCI Emerging Markets

  • iShares MSCI EM UCITS ETF Rendite für 2019: 19,73%
  • iShares MSCI EM IMI ESG Screened UCITS ETF USD Rendite für 2019: 20,17%

STOXX Europe 600

  • iShares STOXX Europe 600 UCITS ETF Rendite für ein Jahr: -6,66%
  • SPDR STOXX Europe 600 ESG Screened UCITS ETF Rendite für ein Jahr: -6,44%

Der ESG Screened STOXX Europe 600 ETF ist leider noch keine 2 Jahre alt, deswegen gibt es keine Rendite für das gesamte Jahr 2019.

Nachhaltige ETFs schneiden besser ab

Ihr seht: Die nachhaltigen ETFs schneiden durch die Reihe besser ab, als ihre klassischen Brüder. Das ist natürlich nur eine Auswahl und müsste mit weiteren Index-Fonds überprüft werden. Um valide Aussagen treffen zu können, müssen wir uns auch noch die Rendite über längere Zeiträume anschauen. Allerdings sind die grünen Investmentformen dazu noch nicht alt genug.

Was mich noch erstaunt hat: Die Öko-ETFs sind oft nicht einmal teurer, als ihre klassischen Pendants. Mehr über die laufenden Kosten von ETFs lest ihr in einem anderen Artikel von mir. Es spricht also vieles für die ESG-konformen Anlagen.

Kritik an nachhaltigen ETFs

So viel Lob für die grünen Anlagen. Gibt es denn gar keine Kritik an nachhaltigen ETFs? Einen Kritikpunkt haben wir oben schon behandelt: Es gibt keine einheitlichen Standards. Was als nachhaltig oder ökologisch gilt, ist reine Auslegungssache. Und darin steckt auch eine große Gefahr. Fondsbetreiber können das ESG-Siegel auf vielen ihrer Produkte anbringen. Denn was als fair gilt, bestimmt einfach der Anbieter. Man könnte es auch als Greenwashing bezeichnen. Umso wichtig also, dass ihr euch die Kriterien der Fonds genauer anschaut, bevor ihr blind investiert.

Die Auslegungssache der ESG-Kriterien ist auch der Grund dafür, dass Ratings verschiedener Agenturen nicht miteinander verglichen werden können. Bei einem Anbieter kann Atomkraft grün sein, weil es kein CO2 ausstößt. Bei anderen hingegen ist sie als nicht nachhaltig eingestuft, wegen der Endlagerung des Atommülls.

Zudem enthalten einige vermeintlich grüne Indizes einfach die Unternehmen, die in ihrer Branche am nachhaltigsten agieren. Damit der Index über verschiedene Branchen diversifiziert ist. Das heißt aber nicht unbedingt, dass diese Firmen auch wirklich nachhaltig arbeiten. Der sauberste Öl-Konzern ist im Vergleich zu einem Software-Unternehmen wahrscheinlich immer noch ziemlich dreckig. Dieses Vorgehen wird auch als „Best-In-Class-Ansatz“ beschrieben.

Fazit

Ich persönlich finde die Entwicklung hin zu einem breiten Angebot an nachhaltigen ETFs sehr positiv. Allerdings sehe ich das Fehlen einheitlicher Kriterien als kritisch an. Das macht uns als privaten Investoren das Leben nicht gerade leichter. Wir müssen vor jeder Investment-Entscheidung noch einmal sehr genau nachschauen, ob wir auch wirklich nur in Unternehmen investieren, die unseren Werten entsprechen.

Ähnlich wie bei der Wahl hin zu einer grüneren Bank, bieten uns nachhaltige ETFs einen einfachen Weg unser Geld fairer anzulegen. Und das ist ein großer Schritt in die richtige Richtung. Wenn sich dann die Out-Performance der grünen Anlagen über die nächsten Jahre so weiter entwickelt, fällt mir kein Grund ein nicht in nachhaltige Fonds zu investieren. Nicht nur deswegen überlege ich, meine Asset Allocation grüner zu gestalten.

Fehlt euch ein Thema oder Aspekt im Guide? Dann schreibt es gern in die Kommentare!

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3 Kommentare.

  • Spannende Thematik. Gibt es denn schon längerfristige Auswertung, wie die Rendite solcher ETFs im Vergleich zu ihren „normalen“ Indices ist?

    • Hi Jan,

      das lässt sich natürlich nicht für alle Indizes pauschal sagen. Für den Vergleich MSCI World vs. MSCI World SRI gibt es allerdings gute Daten von MSCI. Danach schlägt sich der nachhaltige Index seit 2007 in 7 von 12 Jahren besser als der klassische Index. Auch über die gesamten 12 Jahre gesehen, performt der SRI-Fond insgesamt besser.

  • Anna Lang
    06/10/2023 11:16

    Hallo, ich finde, du triffst immer den richtigen Ton. Bitte mach weiter so! VG

Kommentare sind geschlossen.